Interview mit Tobias Passeck

Reporter: Hallo Tobias, ich freue mich das du ein wenig Zeit für ein kurzes Interview vor deiner Op gefunden hast. Du bist 29 Jahre und hattest davor noch nie eine schwere Verletzung vom Fußball davon getragen, die operativ behandelt werden musste. Wie ist dein Gefühl vor dem Eingriff?

Passo: Moin schön, als aller erstes kannst du mich natürlich Passo nennen ;-). In 23 Jahren Fußball (12 1/2 Jahre LSV) ist das die erste Op, die aufgrund von Verschleiß unumgänglich ist. Da meine Freundin in Dresden lebt, bin ich bei den Ärzten in unser Landeshauptstadt in guten Händen während der Op und wenn ich das Klinikum wieder verlasse in noch Besseren ;-). Ich blicke positiv dem Eingriff entgegen.

Reporter: Wie lange muß die Mannschaft und die Fans auf dich verzichten?

Passo: In sechs Wochen kann ich mit leichter Belastung wieder anfangen. Mein Kumpel "Witschi" (Sportdirektor beim LSV) ist leidenschaftlicher Skilangläufer. Ich werde mit ihm im Januar im Erzgebirge eine Art Trainingslager einlegen, damit ich zum Rückrundenstart (19.02.17 in Ralbitz) wieder auf dem Platz stehen kann.

Reporter: Du bist Bergens Kreisoberligarekordtorschütze, der Spieler nach Norbert Passeck mit den meisten Einsätzen, zweifacher Bergens-Fußballer des Jahres, 1. Kreisoberligameister, dreifacher Stadtpokalsieger, mehrfacher MVP bei den Hallenmasters und Kreisligameister. Was treibt einen immer wieder an, der eigentlich schon fast alles gewonnen hat?!

Passo: Es ist die Liebe zum Bergener Fußball. Meine Mitspieler, mit denen ich schon viele Schlachten geschlagen habe. Natürlich auch der Umstand, dass unser großes Vorbild Norbert Passeck immer noch aktiv ist. Wo hat man das schon, dass ein Stadion nach einem Spieler benannt ist der noch dem Leder hinterherjagt. Leute egal, zu welcher Jahreszeit NPK-SFD Kleidung tragen und sich alle nur auf ein Spiel im Jahr freuen. Das Derby gegen unseren großen Erzfeind Bluno! Das alles treibt einen an, um so lang wie möglich Fußball zu spielen. Die Erfolge, die daraus resultieren sind natürlich ein schöner Beigeschmack. Sie sind aber nicht alles.

Reporter: Du sprichst von Bluno und dem Derby. Was ist dran, dass du zum ausgesperrten Fanclub "ElStErHeIdE-HaUpTsTaDt-KuLt" noch immer Kontakt hast? Auch bei den Derbyvorbereitungen sollst du in den Clubhäusern der Jung-Bergenern gesehen worden sein. Auch du sollst beim Angst einflößende Hausbesuch nach dem verloren Derby (3:1 in Bluno 14.11.15) beim Jahrhunderttalent Max Herrmann-Heber dabei gewesen sein.

Passo: Präsident Michael Uhlig hat dem Fanclub die Dauerkarten entzogen und bis zum Jahr 2027 ein Stadionverbot erteilt. Dieses wurde akzeptiert. Trotzdem sind die Jungs keine Verbrecher, ich kenne viele von ihnen sehr gut. Mit "Stachi", "Scheitel", "Rambo" und Co. haben wir früher den LSV jede Woche angefeuert. Was glauben die Leute eigentlich, wer die Choreografin, Banner, Flugblätter und Plakate vor den Derbys mit viel Herzblut macht. Das sind meine Freunde. Zu den "Oldtras" möchten sie lieber keinen Kontakt haben. Mehr noch zu den Jung-Bergenern, die auch viel auf die Beine stellen. Der Hausbesuch vor gut einem Jahr war ein Witz. Da hatte ich ein Alibi. Im Pass-Eck´s fanden die Ausscheidungsrunden zum Wettessen (damals Mandarinen-Masters) statt.

Reporter: Das klingt alles sehr interessant. Kommen wir zur aktuellen Saison. Wieso steht man im Vergleich zu den letzten Jahren nicht mehr ganz so gut in der Tabelle?

Passo: Unser Problem war einfach der unglückliche Saisonstart. 1:1 vs. Ralbitz (1. Sp. Gegentor 92. min), 3:3 vs. Gnaschwitz (93. min den Ausgleich kassiert) und dann die Packung (5:4) in Königswartha am dritten Spieltag. Dann machen wir ein gutes Spiel gegen Laußnitz und verlieren 2:4. Das sind dann schon mentale Dinge, die dich blockieren. Du fängst an zu zweifeln. Das Glück fehlt und plötzlich findet man sich in der Tabelle im Keller wieder. Eine unglückliche Situation, aus der wir aber mit Sicherheit wieder rauskommen werden.

Reporter: Wo landet der LSV Bergen am Ende der Saison?

Passo: Ich lehne mich etwas aus dem Fenster und sage Fünfter! Vielleicht aber auch Sechster, Siebenter oder Achter.

Reporter: Stimmt das eigentlich das du beim Bäcker keine Brötchen mehr bezahlen mußt seit dem Pokalsieg gegen den LSV Bluno (5:0, 23.06.2007) ?

Passo: Ja das war wirklich so. Ich konnte jeden Tag meine Brötchen kostenlos holen. Leider gibts den Bäcker seit zwei Jahren nicht mehr. Heute wird die Bäckerei als Wohnraum genutzt. Genauso wie der Konsumplatz auf dem wir früher jeden Tag gebolzt haben.

Reporter: Der Konsumplatz. Auf diesen hat Bergens Legende Maik Kummer sein eigenes Haus gebaut. Stimmt das eigentlich, das er ein Teil seines Hauses im alten Strafraum gebaut hat und sogar das Tor stehen lassen hat?

Passo: Ja das stimmt. Ein super modernes Haus. Das LSV-Museum wollte das Tor für sich haben aber "Hanka" sagte: Keine Chance! Im Tor hängt jetzt ein Riesenbeamer auf den man hervorragend Fußball schauen kann. Eine fabelhafte Idee an den Wänden hängen Bilder von Meisterspielern und Legenden des LSV.

Reporter: Du kommst auf über 300 Spiele für den LSV, nur dein Onkel Norbert kommt auf mehr. Wirst du ihn eines Tages überholen können?

Passo: Das ist mir nicht so wichtig. Ich freue mich jedes mal ihn noch auf dem Platz zu sehen. Er ist 14 Jahre älter als ich. Wenn sie mich fragen ob ich in 14 Jahren noch Fußball spiele, dann sage ich ganz klar. Unvorstellbar!

Reporter: Zum Abschluss noch eine kleine Fußballanekdote aus deinem langen Fußballleben!

Passo: Da gibt es sehr viele: Eine ist noch ganz frisch. Beim Spiel gegen Pulsnitz standen alle Spieler zum Einlaufen bereit. Nur einer fehlte: Stefan Koark, kam seelenruhig mit einem geschmierten Brötchen aus der Kabine gelaufen, Richtung Mittellinie. Oder als einmal Norbert nur mit einem Beutel zum Spiel kam. Alle dachten das er nicht spielen kann. Weit gefehlt. Er hatte Schuhe und Schienbeinschützer mit dabei und erzielte anschließend drei Tore. Nur um einige zu nennen ;).

Reporter: Das war wirklich sehr unterhaltsam. Jetzt wünsche ich eine problemlose Op und einen guten Heilungsverlauf! Auf Wiedersehen.

Passo: Ich bedanke mich. Es hat mir ebenfalls Freude bereitet, ein wenig zu plaudern. Tschüss.


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